Deutscher Radiopreis 2020: So lief die Verleihung
Radiopreis 2020: Glamour im ganz kleinen Kreis
von Marcel Stober
Thorsten Schorn und Barbara Schöneberger präsentieren die elfte Ausgabe des Radiopreises in Hamburg.
Die Freude über die Preisverleihung war allen anzusehen. Klar, der elfte Deutsche Radiopreis im Corona-Jahr 2020 sah anders aus als gewohnt. Aber - er hat stattgefunden, dank eines ausführlichen Hygiene- und Sicherheitskonzepts: nur 80 statt 1.000 Zuschauer vor Ort, keine Gäste, Mindestabstände im Publikum und drei kleine bespielbare Bühnen. Die Organisatoren haben sich ganz bewusst dafür entschieden, Nominierte, Laudatorinnen und Laudatoren sowie Showacts in den Schuppen 52, einem Eventcenter im Hamburger Hafen, einzuladen. Mit der Verleihung wollten sie das Engagement der Radioprogramme und Redaktionen würdigen, die in den vergangenen Monaten unter den schwierigen Corona-Bedingungen Herausragendes geleistet haben. Alle Teilnehmer des Abends wurden im Vorfeld ausführlich mit den Corona-Regeln vertraut gemacht. Thorsten Schorn, 2015 noch als "Bester Moderator" ausgezeichnet, kommentierte für die 48 live übertragenden Radiosender. Moderatorin Barbara Schöneberger moderierte ihre zehnte Radiopreis-Verleihung gewohnt charmant und schwungvoll. Für sie ist klar: "Wann, wenn nicht in diesem Jahr, sollte er verliehen werden? Der Deutsche Radiopreis ist der Fels in der Brandung!"
Neuer Abschnitt
Verleihung 2020
Die Highlights der Radiopreis-Verleihung
Corona veränderte das Radio - Virologe Drosten mit Sonderpreis
Für seine Informationen rund um das Coronavirus bekommt Christian Drosten den Sonderpreis.
Und das etwas veränderte Konzept ließ mehr Zeit für Gespräche über die Vorteile des Radios. ZDF-Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens etwa lobte das Medium: "Man ist auf den Inhalt konzentriert und das ist keine schlechte Sache." Ein Einspielfilm aus den ersten Wochen der Corona-Zeit zeigte Moderatoren und Moderatorinnen, wie sie ihr Zuhause in ein Radiostudio umfunktioniert haben. Zu einem der wichtigsten Experten der Pandemie-Lage wurde der Virologe Christian Drosten, der sein Wissen mit den Hörerinnen und Hörern des Podcasts "Coronavirus Update" auf NDR Info teilt. Er erhielt den Sonderpreis des Beirats, der erstmals seit 2016 wieder vergeben wurde. Zuletzt bekam ihn Sänger Sting für sein musikalisches Gesamtwerk. Drosten stellte in seiner Dankesrede heraus, wie wichtig Radio auch als Informationsüberbringer ist. Für das Hygienekonzept des Radiopreises gab es von ihm einen Daumen hoch.
Neue Kategorien und glückliche Gewinner
Die Auszeichnung für die "Beste Moderation" geht Sinah Donhauser "unter die Haut".
Regulär wurde der Radiopreis in zehn Kategorien vergeben. Aus 432 Einsendungen von 138 Radioprogrammen wählte die Radiopreis-Jury des "Grimme-Instituts" insgesamt 30 Nominierte. Neu ist der Preis für die "Beste Moderation": Erstmals wurde nur ein Preis anstelle der vorher nach Mann und Frau getrennten Auszeichnung vergeben. Barbara Schöneberger adelte die Kategorie als "Königsdisziplin", nominiert waren aber ausschließlich Königinnen. Freuen konnte sich Sinah Donhauser von Radio Hochstift. Ein großer Erfolg für die NRW-Lokalradios: Schon im vergangenen Jahr kam die beste Moderatorin von Radio Leverkusen. Der Gewinn gehe ihr "unter die Haut", so Moderatorin Donhauser ergriffen. Auch neu: Erstmals wurde die "Beste Innovation am Morgen" ausgezeichnet. Vince Schuster und Dennis Strobel von ENERGY Stuttgart nahmen den Preis entgegen. Sie machen aus vermeintlich langweiligen Lokalmeldungen informative und unterhaltsame Rapvideos. Rap scheint im Trend: Durchsetzen konnten sich die Gewinner etwa gegen die 98.8 KISS FM Morningshow, die mit gerappten Verkehrsnachrichten nominiert war.
Bastian Berbner und Doreen Strasdas von NDR Info haben sich gefragt, was gegen den wachsenden Hass in der Welt zu tun ist. Nach einer weltweiten und jahrelangen Recherche entstand "180 Grad: Geschichten gegen den Hass", das nun von der Jury als "Bester Podcast" ausgezeichnet wurde. Berbner bedankte sich nicht nur für den Preis, sondern wünschte sich auch mehr finanzielle Unterstützung für solche Projekte seitens der Radiosender. Das "Beste Interview" führte Philipp May für "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Für sein Gespräch mit dem Co-Bundesvorsitzenden der AfD, Jörg Meuthen, über den Ausschluss von Andreas Kalbitz wurde er ausgezeichnet. Nach eigenen Angaben war es sein erster Preis "seit der Ehrenurkunde bei den Bundesjugendspielen". Übergeben wurden die Preise von Laudatoren wie Comedian Bülent Ceylan, Schauspielerin Ulrike Folkerts und Weitspringerin Malaika Mihambo.
Zwei große Bühnen für Milow und Tim Bendzko
Tim Bendzko freut sich besonders, dass der Radiopreis auch im Jahr 2020 stattfindet.
Die Showacts des elften Radiopreises waren hochklassig und haben ihre Karrieren zum großen Teil auch dank des Radios aufgebaut. Den Anfang machte der belgische Sänger Milow mit einem Medley, für das er sich die NDR Radiophilharmonie als Unterstützung holte. Die sechs Musiker an den Streichinstrumenten saßen einfach auf einer anderen Bühne. Milow sehe aus "wie Meister Propper", konnte sich Barbara Schöneberger nicht verkneifen - doch gerade deshalb passe er gut in diese keimfreie Zeit. Danach trat Katie Melua mit "A Love Like That" und ihrer unverkennbaren folkigen Stimme beim Radiopreis auf. Auch Sänger Tim Bendzko hatte ein Medley dabei, etwa mit dem gefühlvollen Song "Wenn Worte meine Sprache wären", in dessen Text er sogar Corona einbaute. Schon vor der Preisverleihung sagte Bendzko: "Ich freue mich total, dass es endlich wieder eine Veranstaltung gibt, bei der die Beteiligten vor Ort sind. Ich glaube, das ist für alle der nächste Schritt in die Normalität zurück." Einen großen Auftritt hatte das Künstlerprojekt WIER. Das Projekt wurde von der Radiozentrale angestoßen - also von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern gemeinsam. Eigentlich gehören 18 Künstler dazu - in Hamburg traten stellvertretend Sasha, Stefanie Heinzmann, Lotte und Kelvin Jones auf. Ihr Song "Best Of Us" soll Mut und Zuversicht in schweren Zeiten bringen.
Radiopreis wieder eine kreative, besondere Veranstaltung
Auf Kuschelkurs im Schutzanzug: Barbara Schöneberger bei Bülent Ceylan.
Auch wenn die Verleihung des Radiopreises 2020 anders war als sonst - Glamour und kreative Ideen hatte sie zu bieten. So wurde etwa ein Gang von Barbara Schöneberger von einer Bühne zur nächsten von Sportkommentator Robby Hunke kommentiert, der in der sportfreien Corona-Zeit im Stil eines Fußballreporters einfach Szenen auf der Straße schilderte. Und um endlich durch das Publikum gehen und sich auf Bülent Ceylans Schoß setzen zu dürfen, schmiss sich die Moderatorin extra in einen modischen Ganzkörperschutzanzug. Nach dem letzten Auftritt des Abends von Michael Patrick Kelly musste das obligatorische Gruppenfoto am Ende zwar ausfallen, aber das Gefühl, bei einem besonderen Abend dabei gewesen zu sein, bleibt sicherlich bei vielen Beteiligten.